Wolfgang Matejka, Chief Investment Officer, Matejka & Partner:

2023 prägte unser Risikobewusstsein und forderte unsere Flexibilität - 2024 wird wohl nicht anders sein, verspricht aber Lösungen.
 

Es ist immer wieder interessant, den vom World Economic Forum jährlich emittierten Risiko-Atlas zu betrachten. Darin werden die voraussichtlich prägendsten Ereignisse für das jeweils kommende Jahr, deren Wahrscheinlichkeiten bezüglich ihrer Eintritte und die damit verbundenen Risiken präsentiert. Letztes Jahr war es die Angst vor einer unkontrolliert expandierenden Lebenskosten-Inflation und den Risiken eines von extremen Wetterphänomenen begleiteten Klimawandels. Es ist nicht immer klar, ob und wie diese Erwartungen in den kommenden Jahren eintreten und diese prägen werden, sie sind aber in ihrer Ausprägung mitbestimmend für die Ereignisse an den Kapitalmärkten. Auseinandersetzung damit daher ist wichtig.

Sollten wir uns aus den tatsächlich eingetretenen Ereignissen in 2023 weitere Ableitungen in 2024 erwarten, dann wird dies wohl auch der richtige erste Ansatz für die Markterwartung für das kommende Jahr sein. Die Märkte haben kein Ablaufdatum, selbst wenn es zum Jahreswechsel ein wenig ruhiger wird. Es werden uns daher Geopolitik, Lokalpolitik, Regularien und Notenbanken weiter auf Trab halten. Versuchen wir eine Sichtweise zu etablieren:

Die Geopolitik ist gerade von zwei Kriegen dominiert. Ukraine und Palästina. Beide schrecklich. Beide vom Rest der Welt als distanziertes Momentum bearbeitet. Direkt eingreifen will niemand - bestimmen aber schon. Es ist daher ein Schattenkrieg der Diplomatie und der Finanzierungen, der beide Konflikte im Hintergrund prägt. Kein Umstand, den man rasch und schnell abhaken kann und wird. Die Vermutung drängt daher in die Erkenntnis, dass es auch im nächsten Jahr diese Aggressionsherde geben wird. Es wird vermutet, dass man am ehesten in Palästina dem externen Druck nachgeben wird, eine tragfähige Lösung erscheint aber auch dann nicht in Sicht. Und die Geopolitik hat noch zusätzliche Angriffsflächen für uns parat: So ist Taiwan als Fokus globaler Machtansprüche ja bereits im Jahr 2023 kurz ins Zentrum gerückt, und wer China kennt, der weiß, dass dort die Uhren vielleicht manchmal langsamer gehen, die Richtung sich aber wenig ändert.

Die wirtschaftlichen Aspekte gleichen demgegenüber einem Feld der Erholung. Die Inflation ist global am Rückmarsch. Die Konjunkturen schaffen es gerade noch, die Zinslast der jeweiligen Notenbanken zu stemmen, sie sind aber nicht eingebrochen. Die Zinsen sollten daher im nächsten Jahr nicht mehr weiter steigen, man erwartet sich derzeit sogar stärkerer Zinssenkungen. Den Wirtschaftsräumen sollte eine solche Entwicklung Rückenwind bescheren und die zyklischen Bereiche der Ökonomien unterstützen. Sollte dann noch die von Vielen als größtes aktuelles ökonomisches Übel bezeichnete Bürokratie adressiert und eingedämmt werden, es wäre ein Traumszenario für eine Konjunkturerholung. Insbesondere Europa und die Europäische Union müssten von einer solchen Entwicklung profitieren.

Last but not least hat uns die Angst vor einer erneuten Welle der Pandemie weitgehend verlassen. Man fühlt sich entweder sicher im Umfeld neuer pharmakologischer Prozesse oder vertraut umso mehr auf einen gesunden Körper. Beides wirkt entspannend.

Dadurch wird sich das emotionale Umfeld mit dem rationalen Umfeld an den Kapitalmärkten wieder besser verbinden lassen. Die Befürchtungen bezüglich rasanter Richtungsänderungen an den Märkten müssten nachlassen und die Allokationen der MarktteilnehmerInnen sich mehr den mittel- bis langfristigen Wachstums- und somit Ertragsperspektiven anpassen. Dies könnte einen Effekt nach sich ziehen der sich inzwischen bereits in den Grad hoher Attraktivität vorgearbeitet hat, die Bias zwischen Small- und Large Caps. In den letzten Jahren hat sich dieser Performanceunterschied ausgeweitet und mittlerweile Ausmaße angenommen, die man nur mehr als historisch oder bei einigen Märkten als noch nie dagewesen bezeichnen muss. Vielleicht darin begründet, dass, wenn man unsicher ist, sich eher an Derivate oder Indexprodukte hält um deren erwartete Liquidität als Basis künftiger rasch notwendiger Allokationsentscheidungen zu nutzen. In einem Umfeld sich transparenter herausabreitenden wirtschaftlichen Entwicklungen wird man aber auf die fundamentale Attraktivität der jeweiligen Investition mehr Bedacht nehmen wollen und hier treten die Bewertungsvorteile kleinerer Aktien inzwischen deutlich zu Tage.

Es wird daher ein Jahr der Asset- und Titelselektion werden. Gute Geschäftsmodelle, taktisches Timing bei sich verbessernden Konjunkturprozessen oder auch nur die Erwartung einer Zunahme von Übernahmen oder Beteiligungsinvestments wird die Kapitalmärkte erfassen. Der österreichische Kapitalmarkt ist ein solcher Markt, der sich durch seine relative Kleinheit aber ebenso relative tiefe Bewertung in den Vordergrund einiger Investoren und Investorinnen setzen müsste.

Prosit Neujahr! 

Das Asset Management der Wiener Privatbank wird mit dem Tochterunternehmen Matejka & Partner Asset Management GmbH umgesetzt und umfasst eine umfangreiche Marktbeobachtung, die Selektion von geeigneten Wertpapieren für die Portfolios der Private Banking- & Vermögensverwaltungskunden sowie das aktive Management von eigenen Produkten.

Ihre AnsprechpartnerInnen 

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